Um das folgende zu verstehe, muss ich wenige
Erklärungen vorausschicken. Überall, wo die Tora ein Waschen des Körpers oder der
Gewänder zur Beseitigung der Unreinheit vorschreibt, ist damit das Untertauche
in eine Wasseransammlung gemeint. Diese Wasseransammlung heißt Mikwe, es ist
ein Tauchbad. Das Wasser der Mikwe darf kein geschöpftes Wasser sein, d.h. mithilfe
eines Gerätes hineingegossenes Wasser. Alles durch Menschenkraft in die Mikwe
geleitete Wasser ist untauglich wie geschöpftes Wasser. Siehe alle Details in
der Mischna Mikwaot.
In der Tosefta Mikwaot 4:2 heißt es:
מים הנוזלין מאליהן ומן הים ומן הנהר והעולין באנטיליא פוסלין המקוה רבן שמעון
בן גמליאל אומר העולה בכבולין אינן פוסלין את המקוה לפי שאינן נתלשין:
„Wird das Wasser durch Eimer (ich verwende
hier die Lesart von Lieberman נידלין)
oder vom Meere, vom Fluss durch אנטיליא befördert, macht es die Mikwe untauglich. Raban Schimon ben
Gamliel sagt: Wasser, das aufsteigt durch כבולין verunreinigt die Miwke nicht, weil es nicht abgetrennt wird.“
Im ersten Teil
der Tosefta handelt es sich um zwei Arten von Schöpfwerken, Vorrichtungen zum
mechanischen Heben von Wasser. Das eine funktioniert durch Räder, die durch fließendes
Wasser bewegt werden. Es ist mit Gefäßen besetzt, die sich in ihrer tiefsten
Stellung mit Wasser füllen, es vom Fluss abtrennen und in der höchsten Stellung
das Wasser ausfließen lassen. Dieses Wasserrad macht die Mikwe unrein, weil es
geschöpftes Wasser ist.
Hierüber
berichtet der römische Architekt Vitruv in seinem Buch De Architectura, 10:5: „Man
macht auch in Flüssen Schöpfräder. Nur befestigt man außen an den Schöpfrädern
Schaufeln, welche von dem Andrang des Wassers gefasst, durch ihr Vorwärtsgehen
die Räder zwingen sich zu drehen, und so durch die Strömung des Flusses, das
Wasser in dem Kästchen schöpfen und nach oben bringen.
Die zweite Maschine
heißt אנטיליא (=ἀντλία,
Schöpfeimer). Es wird durch Menschenkraft mithilfe einer Tretmühle bedient. Bei
einer Tretmühle oder einem Tretrad arbeitet der Mensch durch sein Gewicht,
indem er mit seinen Füßen auf Brettern läuft, die auf der Außenseite des Rades
angebracht sind. Am Rad sind Eimer befestigt, die sich beim Hinauffahren sich
mit Wasser füllen und beim Hinabfahren leeren. Auch diese Maschine ist bei
Vitruv beschrieben (10,4,3): Man befestigte um den äußeren Rand des Schöpfrades
quadratische Kästchen. Wenn das Rad von den Tretern umgedreht wird, so werden
die unten gefüllten Kästchen nach oben gebracht und gießen ihren Inhalt in den
Sammelkasten.
Ein Tretrad |
Eimer transportieren das Wasser |
Was aber ist
das כבולין (oder כוכלין nach einer anderen Lesart), das
die Mikwe nicht untauglich macht und das Wasser nicht abtrennt? Es ist ein Rohr,
das die Mikwe mit dem Fluss verbindet. In diesem Rohr befindet sich eine Art
Schraube. Der untere Teil wird geneigt ins Wasser eingetaucht; durch das drehen
der Schraube steigt das Wasser durch die Rohre auf und fließt am anderen Ende
aus. Die Schraube wurde durch ein Tretwerk mit Füßen gedreht. Auf Griechisch
heißt es κοχλίον, was wörtlich Schnecke bedeutet, weil sie gewunden ist. Es
bezieht sich auch auf alles was schneckenförmig gewunden ist, wie eine Wendeltreppe
oder eine Wassermaschine mit einer Schraube. Uns ist es
als archimedische Schraube oder als Wasserschraube, Wasserschnecke bekannt. Es wurde
zum Pumpen von Wasser eingesetzt.Ob Archimedes der Erfinder ist, bleibt ungeklärt.
Eine archimedische Schraube mit Hebel |
Terrakottafigur aus dem britischen Museum. Ein Arbeiter dreht die archimedische Schraube mit seinen Füßen |
Ein Wandgemälde aus Pomeji. |
Nach der
angenommenen Halacha würde die archimedische Schraube die Mikwe untauglich
machen, weil es durch Menschenkraft bedient wird und weil es ein Gefäß ist, das
Unreinheit annehmen kann. Die Tosefta aber streitet darauf mit der Behauptung dass
die Mikwe tauglich bleibt solange das Wasser der Mikwe mit dem Fluss verbunden
ist. Siehe auch Mischna Mikwaot 4:2.
Ein ägyptischer Bauer bedient sich der archimedischen Schraube. |
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