Mittwoch, 24. Februar 2016

Mikwe aus einem Castellum?



In der Tosefta Miwaot 4,6 steht:

קסטלין המחליק מים בכרכין אם היה נקוב כשפופרת הנוד אין פוסל את המקוה ואם לאו פוסל את המקוה הלכה זו עלו עליה בני אסיה שלש רגלים ביבנה ולרגל השלישי הכשירוהו אפילו נקוב כמחט:

Ein Castellum, das Wasser in Sammelbecken verteilt, wenn es ein Loch hat in der Weite eines Trinkschlauch, ist die Mikwe tauglich. Wenn nicht, so macht es die Mikwe untauglich. Diese Halacha wurde von den Einwohnern von Asia drei Mal an die Mitglieder der Akademie in Jawneh gerichtet. Beim dritten Mal haben sie es erlaubt, sogar wenn das Loch die Weite einer Nadel hatte.  

Was ist ein Castellum? Vitruv schreibt darüber (8.6.1-2): „Wenn das Wasser an die Stadt kommt, errichte man einen Sammelraum (castellum) und mit diesem verbunden, zu Aufnahme des Wassers, ein dreifaches Reservoir, und bringe an dem Sammelraum drei in gleichmäßiger Verteilung zu den drei Reservoir Kammern führende Röhren an, welche Reservoirs so mit einander in Verbindung stehen, dass der Überfluss an Wasser in den beiden äußeren Kammern in die mittlere überfließt. An den mittleren Kammern sodann werden die Röhre angebracht, die zu allen Springbrunnen führen, aus der zweiten sollen sie zu Bädern führen... aus dem dritten zu den Privathäusern.“
Das Wasser, durch ein Aquädukt in die Stadt geleitet, wurde in einem riesigen Reservoir gespeichert; das war das Hauptreservoir, es heißt castellum aquarum. Von dort aus wurde es in kleinere castella geleitet, von wo aus es zum öffentlichen oder privaten Gebraucht verteilt wurde. Das Hauptreservoir war äußerlich ein dekoriertes Gebäude. Im Inneren war es eine riesige Kammer aus hartem Ziment mit einer Gewölbedecke, von Säulen gestützt. Das Wasser wurde durch Rohre in drei kleinere Reservoirs geleitet. Zwei davon versorgten öffentliche Bäder und private Häuser, das dritte Fontaine. Im Grunde ist es ein Wasserspeicher.
Castellum in Pompejii
Innenansicht



 

Das Castellum verteilt also das Wasser in der ganzen Stadt und ist somit ein Behälter כלי. Eine Mikwe wird untauglich, wenn die Wasserversorgung aus einem Behälter kommt. Das war ein ernstes Problem für die Menschen von Asia, weil sie keine andere Wasserversorgung für die Mikwe hatten. Asia wird mit Ezion-Geber bei Eilat identifiziert, wo es kaum Niederschlag gibt. Deshalb fuhren sie nach Jawneh, um eine Lösung zu finden.

Was war nun die Lösung? Rambam in Hilchot Mikwaot 6,4 schreibt:

הלוקח כלי גדול כגון חבית גדולה או עריבה גדולה ונקבו נקב המטהרו וקבעו בארץ ועשאהו מקוה ה"ז כשר.

Man nimmt eine große Tonne oder einen Trog und macht ein Loch, welches die Tonne tauglich macht. Dann befestigt man es mit der Erde und macht somit eine Mikwe.

Was nützt es, wenn man ein Loch in die Tonne macht? Durch das Loch ist die Tonne keine Tonne und somit kein Gefäß mehr, es kann nichts mehr dauerhaft aufnehmen. Rambam spricht davon, dass die ganze Tonne zu einer Mikwe wird, wenn es ein Loch hat. Beim Castellum ist das nicht der Fall; es war für die Menschen unmöglich das Castellum selbst als Mikwe zu benutzten. Es wurde von römischen Soldaten streng bewacht, damit niemand Wasser abzapft oder etwas beschädigt. Ich denke die Menschen aus Asia haben das Wasser aus dem Castellum in ihre Mikwe geleitet
Wie groß muss das Loch sein? Die Tosefta sagt כשפופרת הנוד, die Weite eines Trinkschlauchs. Das ist ein Rohr, das man in die Öffnung des Schlauches hineinsteckt, um dadurch Flüssigkeiten hineinzugießen. Das Rohr pflegte so weit zu sein, dass man Zeigefinger und Mittelfinger zusammen bequem darin herumdrehen konnte. Nun hatten die Menschen von Asia ein Problem, wie wussten nicht, ob das Castellum ihrer Stadt solch ein großes Loch hat. Deshalb hat das Gericht zu Jawneh entschieden, dass ein Loch von der Größe einer Nadel ausreicht. Dank dieser Erleichterung haben sie die Reinheit der Menschen sichergestellt. 

Ein altes Castellum in Rom, damals...
und heute.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen